Ob Sommer oder Winter: Die
Waldkinder von St. Gallen lernen spielend in freier Natur statt im Klassenzimmer. Ein Besuch bei der einzigen Waldbasisstufe der Schweiz.
Die Motorsäge heult auf, zittert und frisst sich langsam ins weiche Holz. Die Kinder schauen den Waldarbeitern stumm zu. Einige machen ein böses Gesicht, «das ist gemein», stösst ein Junge hervor. «Hoffentlich finden sie meinen Lieblingsbaum nicht» flüstert ein anderer.
Die Kinder gehören zu den Waldkindern St. Gallen, der einzigen Waldbasisstufe der Schweiz. Ihre Schule ist der Wald, im Sommer wie im Winter. Zwar steht ein Schulwagen, ausgerüstet mit Pulten, am Rande des Hagenbuchwalds, doch er wird nur selten benutzt.
30 Kinder besuchen die private Waldschule, die einen Kindergarten und die beiden ersten Schuljahre anbietet. Inhaltlich folgt sie den Vorgaben des kantonalen Lehrplans. Darüber hinaus richtet sie sich nach der Naturpädagogik, die eine enge Beziehung zur Natur fördert und auf freiwillige Lernangebote sowie unstrukturiertes Spielzeug aus der Natur setzt.
...«Letzten Herbst hatten wir viel Nebel. Die Kinder spielten draussen und wollten austesten, ab welcher Distanz man sie nicht mehr sehen konnte. Schon waren wir beim Thema messen», erzählt Lehrerin Caro Knöpfel. Die Kinder hätten motiviert mitgemacht.
«Im Wald wird die Kreativität und Phantasie der Kinder angeregt», sagt Knöpfel. «Denn hier bekommen sie nichts geliefert und können nicht einfach konsumieren.» Die Kinder lernten auch, sich selber zu vertrauen.
Die Lehrkräfte der dritten Klasse lobten deshalb nicht nur die schulischen Leistungen der Waldkinder, «sondern vor allem ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstständigkeit».
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